Antrag: Universum History “Der Mensch und das Bier – 10.000 Jahre Kulturgeschichte”

Antrag: Universum History “Der Mensch und das Bier – 10.000 Jahre Kulturgeschichte”

Blogeintrag von Golli Marboe, 18. April 2020

Publikumsrat: Antrag an den Beschwerdeausschuss zu Universum History “Der Mensch und das Bier – 10.000 Jahre Kulturgeschichte”

Sehr geehrter Vorsitzender des Beschwerdeausschusses, Liebe Kolleginnen und Kollegen,

Im heutigen Mittagsjournal war ein Interview mit dem großartigen Christof Wenisch, Infektiologe aus dem Kaiser Franz Josef Krankenhaus in Wien zu hören.

Er betonte sinngemäß, dass wir keinesfalls auf all die anderen Kranken vergessen dürfen, nur weil wir uns derzeit auf die Bekämpfung von Covid 19 konzentrieren. Diese Benachteiligung anderer Kranker hat ein Ende zu haben!

Diesem Gedanken folgend möchte ich mit dieser Beschwerde ein nächstes Mal auf die Volkskrankheit „Alkoholismus“ hinweisen und auf den Umgang des ORF damit.

Dementsprechend finden Sie hier den Antrag für den Beschwerdeausschuss zur unten stehenden Sendung mit der Bitte um Berücksichtigung auf der Tagesordnung des nächsten Beschwerdeausschusses:

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Universum History: Der Mensch und das Bier – 10.000 Jahre Kulturgeschichte
Erstausstrahlung: Fr., 17.4.2020, 22.33 Uhr

Tagelang wurde diese Dokumentation aus der Reihe „Universum History“ mit „high Rotation“ und zu den besten Tageszeiten angekündigt und betrailert. „Universum History“ wird von der Fachredaktion Wissenschaft des ORF Fernsehens programmiert.
Es ist ein Sendeplatz, der von Journalisten der Fachredaktion verantwortet wird.
Aber in dieser knapp einstündigen Dokumentation über die Kulturgeschichte von Bier kommt keine Expertin zu Wort, die über die Gefahren und das Leid von Alkohol spricht.
Im Gegenteil es fallen im Kommentartext so Sätze, wie „es fördert die Feierlaune“...... oder „es ist die Geburtsstunde der modernen Bahnfahrt“.
Die Expertinnen im Film hinterfragen die Bedeutung von Alkohol in unserer Gesellschaft in keinem Moment.
Die als journalistische Arbeit zu verstehende historische Betrachtung der Geschichte des Kulturgutes Bier ginge wohl auch als Werbefilm in einer Brauerei durch. Alles ist großartig, alles ist positiv, alles ist nützlich, .......

Man stelle sich eine derartige Dokumentation über die Kulturgeschichte des Tabaks, oder des Koffeins, oder des Zuckers vor.
Um den Vergleich mit anderen Nahrungs- oder Genussmitteln zu ziehen.
Selbstverständlich würden die Gefahren des Rauchens in einem Film über Tabak
selbstverständlich würden die Gefahren von zu viel Koffein auf das Herz Kreislauf System oder
selbstverständlich würden die Gefahren von Fettleibigkeit oder Diabetes in einem Film über Zucker thematisiert.

In der erwähnten Dokumentation werden die Gefahren von Biergenuss für die Konsumentinnen und Konsumenten leider nicht thematisiert.

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Gerade in Zeiten der verordneten Isolation ist Alkohol eine gefährliche Droge.
Menschen mit einem Alkoholproblem gibt es in Österreich um ein Vielfaches mehr als Menschen, die von Covid 19 betroffen sind.
Entspricht es wirklich dem journalistischen Selbstverständnis der ORF Wissenschaftsredaktion, dass er gerade in diesen Tagen eine solche „Werbesendung“ im Rahmen seines ORF 2 Hauptabends ausstrahlen muss?
Die Alkoholkrankheit ist in Österreich eine Art von Pandemie, die aber geflissentlich toleriert wird. Trotz der unglaublich großen Schäden für die betroffenen Menschen und ihre Angehörigen.
Sollte der ORF nicht darüber nachdenken Beiträge und Filme zum Thema Alkohol mit ähnlichen Warnungen zu versehen, wie das bei Werbungen für Medikamente der Fall ist oder für alles was mit Tabak zu tun hat?
Entspricht es dem journalistischen Selbstverständnis der Wissenschaftsabteilung des ORF, dass er eine derart einseitige Dokumentation ausstrahlt? Wo bleibt hier die Ausgewogenheit? Wo findet sich ein „audiatur altera pars“?
Wenn Bilder vom Oktoberfest gezeigt werden, warum dann jene bei denen die Menschen fröhlich sind, ohne zu zeigen, welche Abgründe sich bei diesem Volksfest abseits davon genauso abspielen?

Warum wurde im für den ORF offensichtlich neu aufgenommenen Text keine Berücksichtigung des Leides mit erwähnt, das Alkohol und auch Bier in unsere Welt Tag für Tag anrichtet?
Wie kann eine Dokumentation auf diesem Sendeplatz ausgestrahlt werden, die derart einseitig und ohne kritische Stimmen auskommt?
Insbesondere, wenn ich dann im Abstand so hochgeschätze Kollegen, wie Bernhard Dadelsen aus der Kulturredaktion des ZDF oder Tom Matzek vom ORF als Verantwortliche für diese „Kulturdokumentation” lese.

Sind wir denn auf einem Auge blind, wenn es um Alkohol geht?
Wenn einer meiner Studentinnen oder Studenten an der Fachhochschule für Journalismus mir eine solche Arbeit abgeben würden, hätte ich große Probleme diese überhaupt positiv zu bewerten.

In diesem Sinne bringe ich die Beschwerde beim Publikumsrat mit der Bitte um Beachtung auf der Tagesordnung ein und möchte außerdem auf die drei unten stehenden Links verweisen, um der fehlenden journalistischen Qualität dieses Stückes noch einmal Nachdruck zu verleihen.

Mit allen guten Wünschen in diesen speziellen Tagen,
Ihr / Euer
Golli Marboe

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Ärzteblatt.de:
Genf – Jeder 20. Todesfall geht auf Alkohol zurück. Laut einem heute veröffentlichten Bericht der Weltgesundheitsorganisation (WHO) sterben jedes Jahr rund drei Millionen Menschen weltweit durch Alkoholkonsum – das sind mehr als durch Aids, Gewalt und Verkehrsunfälle zusammen. Am stärksten betroffen sind Männer – sie machen drei Viertel der alkoholbedingten Todesfälle aus.

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Neues aus der Welt der Wissenschaft: sciencev1.orf.at
8.000 Alkohol-Todesopfer pro Jahr in Österreich
1,2 Millionen Österreicher sind alkoholgefährdet, 8.000 Menschen sterben hierzulande jedes Jahr an den Folgen des Alkoholkonsums. Bei Jugendlichen, die zu viel über den Durst trinken, liegt Österreich im europäischen Spitzenfeld.

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Alkohol in Österreich in Zahlen und Fakten: (Das “Handbuch Alkohol – Österreich”, herausgegeben vom Bundesministerium für Gesundheit)
In Österreich gelten etwa 340.000 Menschen als alkoholkrank, knapp 735.000 Österreicher konsumieren Alkohol regelmäßig in einem gesundheitsschädlichen Ausmaß.

  • Jeder Österreicher im Alter zwischen 15 und 99 Jahren konsumiert, statistisch betrachtet, 26,4 g Reinalkohol pro Tag.

    • Ca.53% des konsumierten Alkohols entfallen auf Bier (108,9 Liter/ ÖsterreicherIn/Jahr), 37% des konsumierten Alkohols entfallen auf Wein(28,9 Liter/ ÖsterreicherIn/Jahr).

    • Die in Österreich getrunkenen Alkoholmengen verteilen sich:

      • 1/3 der in Österreich getrunkenen Alkoholmenge trinken Alkoholkranke,

      • 1/3 Personen mit „problematischem Alkoholkonsum“ und

      • 1/3 Personen mit unbedenklichemTrinkverhalten

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