Die offizielle Kommunikation der aktuellen Regierung führt unweigerlich zu einer Renaissance der FPÖ

Die offizielle Kommunikation der aktuellen Regierung führt unweigerlich zu einer Renaissance der FPÖ

Blogeintrag von Golli Marboe, 22. April 2020

Oe24 überträgt ein CNN Interview mit Sebastian Kurz live.

Damit folgt der Medienkonzern von Helmut Fellner seiner Programmlinie:

die Umfragen für Sebastian Kurz sind hervorragend, also gibt Oe24 dem „Affen eben Zucker“.

Aber es steckt mehr dahinter. Die Regierung macht Eigentümer von Privatmedien zu wohlhabenden Menschen.

Denn mit der außerordentlichen Medienförderung (die sich hauptsächlich an der Auflagenhöhe der zu unterstützenden Medien orientiert), oder auch mit der Werbekampagne für die Covid 19 Maßnahmen der Regierung „Schau auf Dich, bleib zuhause“ verdienen gewisse Verlage auch in Zeiten der Krise viel Geld.

Die doch recht großzügig „geförderten“ Medienunternehmer zahlen das prompt zurück: mit wohlwollender Berichterstattung.

Das auch noch in Tagen, an denen die ORF Journalistinnen der Regierung ggü. langsam wieder anders klingen:

Nach einem Sonntag an dem sich Hans Bürger in einer Pressestunde mit Wolfgang Sobotka rehabilitiert oder sich auch die neue Mannschaft im „Isolationsbereich des ORF“ lange nicht mehr so gefügig im „Regierungssprech“ zeigt, wie das die erste „Truppe“ rund um Tarek Leitner und Nadja Bernhard noch tat.

Im ORF werden kritische Fragen – so wie das in einer Demokratie auch zu sein hat – wieder das Selbstverständliche. So wie in anderen Qualitätsmedien eben auch.

Aber diese Art der Berichterstattung, die sich in den Gratisblättern und jenen anderen Distributionswegen, die sich Nachrichtensender nennen, wie OE 24 oder Puls 24 (das in Journalistenkreisen durchaus als Bundeskanzler Bewunderungsprogramm gilt) – die wird sich langfristig für die Regierenden rächen.

Denn diese Medien fordern knackige Texte für ihre Überschriften. Sie verbreiten sehr einfache Antworten, damit ihr Publikum diese auch versteht.

Derzeit gibt es zwei Allzweckantworten der Regierung: es hängt von der „Entwicklung der Kurve ab“ und „wir lassen niemanden zurück – es wird einen Fonds für quasi alle denkbaren Fälle geben“....

Aber jede halbwegs kompetente Journalistin weiß schon heute, dass dem nicht so sein wird. Wir stehen in den kommenden Jahren vor unheimlichen Herausforderungen und das Geld wird nicht vom Himmel regnen. Der von der FPÖ mit Duldung der ÖVP nominierte Notenbankdirektor kündigte schon vor Wochen eine „Bereinigung der Wirtschaft“ an. Und damit könnte er wohl recht haben und viele von jenen Leserinnen und Usern der Gratis-Medien, werden ihre Arbeit nicht wieder bekommen.

Und dann funktionieren die beiden derzeit so erfolgreich eingesetzten Universalantworten nicht mehr.

Diese mediale Krisenpolitik der Regierung führt mitnichten zur Alleinregierung der ÖVP.

Obwohl die ÖVP wohl bereits damit liebäugelt und Sebastian Kurz ja nicht gerade zimperlich damit ist Regierungen auch aufzulösen, wenn sich eine neue Chance für gute Wahlergebnisse auftun mag.

Noch dazu bauen die ÖVP Strategen nicht nur auf ihre „owned media“ Kanäle (auf den sonst als Steuerflüchtlinge gescholtenen „bösen“ amerikanischen social media Plattformen), sondern auch auf der Erwartung, dass der Boulevard den auf Facebook, Instagram und co betriebene Personenkult rund um Sebastian Kurz ungebrochen weiter praktizieren und mit verbreiten würde.

Selbst die Wortwahl des Bundeskanzlers beginnt ja schon an Orban zu erinnern; denn eine „Neue Form der Normalität“ klingt doch auch nicht anders als die Gestaltung einer „Illiberalen Demokratie“.

Aber die vermeintlich regierungstreuen „Blockwarte von heute“, die derzeit Sebastian Kurz, Karl Nehammer und co zujubeln, die werden in spätestens einem Jahr dann gegen die „Verantwortlichen der Corona Zeit“ lautstark rebellieren.

Und die Krone, Österreich oder auch Heute ernennen sich dann ganz bestimmt wieder einmal zu den Ombudsleuten des „einfachen Volkes“, der „Menschen von der Strasse“.

Dann spätestens kommt die Zeit der FPÖ und möglicherweise sogar eines HC Sprache wieder. Denn dann formulieren die Politiker dieses dritten Lagers in gewohnter Manier Feindbilder und statt der dann in die Enge getriebenen Regierung sind wieder sie es, die einfache Antworten zur Hand haben.

Denn heute freuen sich die Menschen noch über einen „Tausender“ als Nothilfe;

aber dann in einem Jahr wird es gerade diesen Menschen wie Schuppen von den Augen fallen:

Die Arbeitslosigkeit bleibt viel höher als vor Corona – vielleicht auch deshalb weil etliche Industrie- und börsennotierte Unternehmen die Corona Zeit zum Anlass nehmen werden um sogenannte Restrukturierungsmaßnahmen vorzunehmen. „Um überhaupt überleben zu können“ – wird es heißen, „um mehr Gewinn zu machen“, könnte dahinter stecken.

Die Preise werden gerade bei den kleinen Freuden der „einfacheren Menschen“, wie bei Pauschalreisen oder bei bisher aus China billig importierten Produkten steigen....und sie werden merken, dass ein Urlaub in Österreich teuerer kommt, als einer in Mallorca oder in der Türkei.

Der Alltag wird mitnichten wie früher:

Weiterhin werden Menschen Masken tragen und dazu auch noch jene, die darauf verzichten vorwurfsvoll ansehen: denn warum soll man in der Grippe Zeit (die dann als Begründung dienen wird, wenn Corona besiegt sein mag) denn andere nicht schützen, wenn man doch weiß, dass Grippe durch Tröpfchen übertragen wird.

Oe 24 wird mit Lust dann jene Handyvideos on air bringen in denen man derart „kriminelle“ Menschen die die Warnungen wohl immer noch nicht verstehen, an den Medienpranger stellen.

Eltern werden ihre jugendlichen Kinder warnen: musst Du unbedingt in diesen Club gehen, musst Du auf die Fantribüne im Stadion? Dir ist doch klar, wie gefährlich solche Menschenansammlungen sind und wir möchten am Wochenende die Großeltern besuchen.

Die Alten beklagen auch nach Corona, dass es zuwenig Solidarität der Jungen gibt. Und sie werden wieder jene wählen wollen, die ihnen „Sicherheit“ vermitteln. und die für diese Menschen offenbar tröstlichen Feindbilder formulieren.

Die Jungen werden finden, dass der Alltag nun aber endlich wieder lockerer zu sein hat und verstehen, dass diese riesige Rettungsaktion rund um Covid 19 noch viele Jahre von ihnen und nicht von der Mehrheit der Betroffenen zurückzuzahlen sein wird.

Und so wie die Boulevardmedien heute dem Publikum nach dem Mund schreiben, so werden sie es auch dann machen und jene attackieren, die damals in den Tagen von Corona sich mitreissen haben lassen von einer allgemeinen Hysterie und die doch wahrlich wissen hätten müssen, was das für Folgen haben würde.

Sogar die dem Bundeskanzler so verbundene Landbevölkerung wird an Kurz zweifeln, weil der Tourismus wegen der „neuen normalen“ Reisebeschränkungen nicht mehr so wie früher in Schwung zu kommen scheint.

Und überhaupt, das Image einer ganzen Branche wurde vom Staat schlecht geredet, man könne doch gar nichts dafür. Man wollte sich doch auch mit der Diffamierung von Zweitwohnsitzbesitzerinnen lediglich schützen.

Von der wohl unvermeidlichen Schenkungs- und Erbschaftssteuer, die zur Finanzierung der aufgenommenen Schulden unausweichlich scheint, gar nicht zu reden. Der Begriff der Erbschaftssteuer ist für jene, die sich über Besitz formulieren – also eher Menschen im ruralen als im ans „sharen“ und mieten gewöhnten urbanen Umfeld – gar nicht zu reden.

Man kann wirklich nur hoffen, dass die Türkisen früh genug erkennen, dass man mit Polizei keine Kranken abholt, dass man Gesetze bestmöglich und nicht irgendwie zu formulieren hat und nicht zuletzt, dass man sich die öffentliche Meinung nicht mit obskuren Medien, wie Oe24, Heute oder Krone TV zu erkaufen versuchen sollte.

Diese Renaissance der FPÖ gilt noch nicht für die anstehende Wahl in Wien. Dort werden Türkis und Grün noch einmal erfolgreich sein und sich dann noch mehr bestätigt sehen, wie gut ihr Krisenmanagement doch tatsächlich funktioniert und ankommt. Als Nebeneffekt werden die Türkisen darüber jubeln, dass die so verhasste Sozialdemokratie nach dem Verlust des Wiener Bürgermeisters noch weiter in der Bedeutungslosigkeit versinken wird.

Aber dann ab dem Jahr 2021 wird in Österreich alles anders, bzw. es wird tragischer Weise wieder wie früher....die FPÖ wird auf die Spielfläche zurückkehren, weil die Türkisen in diesen Tagen zu sehr mit der Formulierung „einer neuen Form der Normalität“ beschäftigt sein werden, statt an der Weiterentwicklung der bürgerlichen Freiheiten und der bürgerlichen Rechte zu arbeiten.

Natürlich wünsche ich mir eine andere Zukunft:

eine Zukunft mit echten Paradigmenwechseln:

in der man den Neuaufbau bzw. das Hochfahren der Wirtschaft dazu nützt der Klimakrise genauso entschlossen zu begegnen, wie man das bei Covid 19 tut;

in der Europa zusammenfindet als Familie der Demokratien (statt einer Gruppe von Nationalstaaten);

in der das Leben eines Flüchtlings genauso viel zählt, wie jenes eines Menschen, der mit Covid 19 infiziert ist;

in der in den Schulen die Talente der Kinder und nicht mehr ihre Schwächen zum Thema gemacht werden;

in der es ein bedingungsloses Grundeinkommen gibt (statt gönnerhafter Ausschüttungen der Regierenden an ihr Volk), um den Bürgerinnen und Bürgern zukünftig die Angst um Wohnen und Essen ganz grundsätzlich und eben auch in Krisenzeiten zu nehmen;

in der die Würde des Menschen unabhängig von Geschlecht, sexueller Orientierung, Hautfarbe, Alter, Religionsbekenntnis oder auch unabhängig von „gesund“ oder „krank“ wert geschätzt wird;

Eine Zukunft in der auch die Regierenden erkennen, dass man die Gelddruckmaschinen der Familien Fellner, Dichand oder anderer nicht als Journalismus verstehen und erst recht nicht unter dem Titel der „Medien und Meinungsvielfalt“ fördern sollte –

im Gegenteil, eine generationenübergreifende Medienbildung sollte die redaktionelle Kompetenz und das Verständnis für Journalismus in allen gesellschaftlichen Schichten heben.

Ein Verständnis, dass die Bürgerinnen und Bürger dazu bringt, sich in den Berichten des ORF, der Furche, der Wiener Zeitung, der Salzburger Nachrichten, der Presse, des Falter, des profil oder des Standard zu Sachfragen jene Informationen zu holen, um eigene persönliche Positionen zu beziehen.

Aber wem könnte man solche Paradigmenwechsel zutrauen?

Daher ist zu befürchten, dass die Medienpolitik der Mannschaft rund um Kanzler Kurz die Renaissance einer Partei, wie die FPÖ, und von Typen, wie „Kickel und Strache“ provoziert und dass diese viel schneller als wir glauben tatsächlich wie Phönixe aus der Asche und stärker denn je wieder kommen werden.

Zurück
Zurück

Kurzarbeit im ORF

Weiter
Weiter

Antrag: Universum History “Der Mensch und das Bier – 10.000 Jahre Kulturgeschichte”