Als die Mauer zu bröckeln begann
Als die Mauer zu bröckeln begann
Themen: Golli Marboe über Jugend-Suizid; Ausstellung über Sr. Maria Restituta Kafka; Pfarrer Christoph Wonneberger und der christliche Widerstand in der DDR; Bibelessay von Stefan Schröckenfuchs
Artikel zum Radiobeitrag, Golli Marboe im Gespräch mit Maria Harmer, Erstveröffentlichung: Lebenskunst auf Ö1 moderiert von Martin Gross am 03. November 2019
Aus der Sendereihe Lebenskunst - Begegnungen am Sonntagmorgen, Jeden Sonntag und an jedem kirchlichen Feiertag von 7.05 bis 8.00 Uhr in Ö1
Den letzten Verzweiflungsschritt verhindern – Golli Marboe über Jugend-Suizid
Viele Gräber in Österreich sind am Allerseelen-Wochenende mit Blumen geschmückt, Kerzen brennen. Insbesondere an diesen Tagen wird traditionellerweise der Verstorbenen gedacht. Der Suizid, die Selbsttötung, ist allerdings bis heute tabuisiert.
Dabei ist der Suizid auch schon ein biblisches Thema: Neun Suizide kommen im Alten Testament vor, im Neuen Testament der von Judas Iskariot, jenem Jünger, der die Festnahme Jesu in Jerusalem ermöglicht hat. In Österreich sterben alljährlich fast dreimal so viele Menschen durch die eigene Hand wie im Straßenverkehr. Vor bald einem Jahr, am 26. Dezember 2018, nahm sich auch Tobias Marboe das Leben. Er war 29 Jahre alt. „Wir waren nicht in der Lage, die Zeichen zu lesen“, sagt sein Vater Golli Marboe rückblickend. Nun engagiert sich der langjährige TV-Produzent, Medienmann und gläubige Katholik auch in der Suizid-Prävention und hofft, das Thema zu enttabuisieren und seine Mitmenschen zu sensibilisieren. Maria Harmer hat mit Golli Marboe gesprochen.
Todesmutiger Widerstand – Eine Ausstellung über Sr. Restituta Kafka
Im „Quo vadis?“, dem Begegnungszentrum der Ordensgemeinschaften in Wien, erzählt bis zum 14. November 2019 eine Ausstellung von der 1998 seliggesprochenen Ordens- und Krankenschwester Maria Restituta Kafka (1894 – 1943). Sie gibt Einblick in ihr Lebens- und Glaubenszeugnis von ihrer Kindheit und Jugend an: im Einwanderer- und Arbeitermilieu der Wiener Brigittenau, im Ordens- und Berufsleben als Franziskanerin und als fröhlich-resolute Krankenschwester, in ihren mutigen Widerstand gegen das NS-Regime sowie ihre vielfältige Verehrung bis heute. Brigitte Krautgartner ist dieser außergewöhnlichen Frau im „Quo vadis?“ am Wiener Stephansplatz in vielen Zeitdokumenten und Kunstwerken begegnet.
Als die Mauer zu bröckeln begann – Pfarrer Christoph Wonneberger und der christliche Widerstand in der DDR
Die DDR war ein durch und durch militarisierter Staat. Der Hintergrund war die Systemkonkurrenz zwischen dem sowjetisch-kommunistisch beherrschten Ostblock und den westlichen Demokratien. Als sich in den 1980er Jahren die Situation durch das atomare Wettrüsten von Ost und West und die Stationierung weiterer Atomraketen zuspitzte, wurden in der DDR Christen und Christinnen für den Frieden aktiv. Einer der Pioniere war der evangelische Pfarrer Christoph Wonneberger. Der gelernte Schlosser startete mit seinem Vorschlag für einen sozialen Friedensdienst, eine landesweite Initiative gegen den Wehrdienst, vergleichbar mit dem heutigen Zivildienst. Die DDR-Staatssicherheit erfasste ihn deshalb als „feindlich-negative Person“ und eröffnete gegen ihn den sog. Operativen Vorgang „Provokateur“.
1982 schlug Wonneberger vor, regelmäßige Friedensgebete in verschiedenen Kirchen der DDR durchzuführen, um einen festen Ort des gewaltfreien Widerstands zu entwickeln. Damit etablierte sich ein Freiraum und eine Anlaufstelle für reformerisch gesinnte und systemkritische oppositionelle Kräfte. 1985 übernahm Christoph Wonneberger die Friedensgebete in der Leipziger Nikolaikirche, die unter seiner Leitung immer politischer wurden. Daraus entwickelten sich die legendären Montagsdemonstrationen, die im November 1989 das kommunistische SED-Regime zu Fall brachten. Johannes Kaup hat Christoph Wonneberger getroffen.
Der treue Urvater Noah – Bibelessay zu 1 Mose 8,18-22
Sie ist eine biblische Überlieferung, die sich besonderer Beliebtheit erfreut: die Erzählung von Noah und seiner Arche. Man kann sie mit Spielzeugtieren nachstellen und in illustrierten Kinderbibeln finden. Beliebt ist sie wohl auch deshalb, weil letztlich alles wieder gut wird – für die, die überlebt haben, wohlgemerkt. Diejenigen, die die Sintflut weggespült hat (Menschen wie Tiere) werden nicht weiter erwähnt. Wie auch immer, Noah nimmt am ersten Sonntag im November eine prominente Stelle in evangelischen Gottesdiensten ein – Gedanken zur Überlieferung rund um seine Gestalt hat für die LEBENSKUNST Stefan Schröckenfuchs formuliert, der Superintendent der evangelisch-methodistischen Kirche in Österreich.
Bibelessay zu 1. Mose 8,18–22; 9,12–17
Moderation: Martin Gross