Artikel für Kosovo friends

Artikel für Kosovo friends

Blogeintrag von Golli Marboe, 17. November 2022

Informationen zu Kosovo friends unter: www.kosovo-friends.at

RTK – die vierte Säule der Demokratie!

eine moderne Demokratie liberalen Wesens zeichnet sich neben Exekutive, Legislative und Rechtssprechung durch eine zusätzliche kontrollierende Einrichtung aus: den öffentlich rechtlichen Rundfunk nach dem Vorbild und dem Wesen der BBC.

Fernsehen, Radio und Online Angebote, die sich nicht als PR der jeweils Mächtigen oder Regierenden formulieren; sondern Beiträge von Journalistinnen und Journalisten, die Politikerinnen oder Wirtschaftsmächtige im Sinne der Bürger begleiten und ggf. natürlich auch kontrollieren.

Anders als Sender, wie Russia Today – wo man wohl kaum eine kritische Reportage zu Putin finden würde – anders auch als die US amerikanischen Sender, wie FOX News oder CNN, die jeweils einer der beiden großen politischen Parteien zugeordnet werden können; leben wir im westlichen Europa einen Alltag mit der ARD, der RAI, dem ORF, 3sat, arte...... und Anderen.

Was zeichnet einen öffentlich-rechtlichen Rundfunk aus?

* das „audiatur et altera pars“

Der legendäre „Anchorman“ der ARD und des ZDF Hans Joachim Friedrichs sagte: “ein Journalist darf sich mit keiner Sache gemein machen, auch nicht mit einer guten!“

Jeder Beitrag in einem öffentlich-rechtlichen Sender sollte das Publikum durch die Darstellung unterschiedlicher Sichtweisen auf den gleichen „Topic” in die Lage versetzten einen eigenen Standpunkt zu finden.

Es geht also keinesfalls um „Verkündigung” oder den Transport eigener Positionen.

So wichtig und richtig daher die Arbeit von NGOs, wie BIRN am Balkan auch sein mag, diese Investigativplattformen können das Wesen eins öffentlich-rechtlichen Rundfunks nicht ersetzen.

Kampagnenjournalismus, wie wir diesen aus den USA kennen, führen in der Regel zu einer gesellschaftlichen Polarisierung und keinesfalls zu Integration.

In einem Land, wie dem Kosovo ist der unverfälschte Zugang zu Informationen und Standpunkten so wichtig, wie überall. Und insbesondere, um das Wissen und um die Verständigung zwischen der serbischen und der albanischen Volksgruppe zu verbessern muss es unabhängige Medien geben, die ohne Eigeninteressen agieren.

Im Kosovo ist die Qualität des seit September 1999 sendenden öffentlich-rechtlichen Rundfunks RTK schon durch die Neugründung nach der Unabhängigkeit besser als sonst am Westbalkan. Auch dass der leitende Programmdirektor vor seinem Engagement bei RTK als freier Journalist tätig war sorgt für eine Anmut, wie man sie bei den Nachbarn in dieser Form nicht findet.

* die Finanzierung

Medien und Daten sollten im Alltag der Menschen von Heute als Lebensmittel betrachtet werden. Dementsprechend darf die Versorgung mit möglichst objektiver Information über einen öffentlich-rechtlichen Rundfunk keine Frage der jährlichen Budgetverhandlungen darstellen. Die Finanzierung von RTK im Kosovo sollte budgetunabhängig über eine eigene Haushaltsabgabe (wie bspw in Deutschland) gesetzlich vereinbart werden.

Die Höhe der dafür genehmigten Mittel muss von einer politikunabhängigen Kommission festgelegt werden.

Im Kosovo gibt es seit der Staatsgründung zwar das Bemühen die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks von den aktuellen Budgets zu entkoppeln, aber das System wurde immer wieder geändert und scheint daher nach wie vor leider recht instabil.

* das Redakteursstatut

Journalistinnen und Journalisten von RTK sollten einen Arbeitsvertrag mit eigenem Redakteursstatut (wie bspw. im ORF) besitzen, der den Journalistinnen ein Arbeitsumfeld garantiert, in dem ihre inhaltliche Arbeit keinen Einfluss auf den jeweiligen Dienstposten oder die Honorierung haben darf.

Etwaige Abmahnungen oder gar Entlassungen dürfen nur dann stattfinden, wenn eine Journalistin nicht zur Arbeit kommt, oder Ähnliches, aber nicht wegen des Inhalts der gelieferten Programme. Das wäre Zensur.

RTK sendet eines seiner Programme heute schon in serbisch. Das wirkt auf den ersten Blick minderheitenfreundlich. Aber auf den zweiten Blick erkennt man schnell, dass auch dieses Programm der Spaltung im Land weiter Vorschub leistet.

Die Zukunft der RTK Angebote liegt in der Zweisprachigkeit!

Sämtliche TV und Onlineangebote sollten grundsätzlich sowohl in Albanisch, als auch in Serbisch angeboten werden. Nur dann kann RTK auch seinen Beitrag zur Versöhnung des Landes leisten.

„media literacy“ ist die Bildungsaufgabe schlechthin

„Wir leben an der Schwelle von der digitalen zur redaktionellen Gesellschaft. Nicht jene, die jedes neue technische Gerät bedienen können werden die Zukunft gestalten, sondern die, die in der Lage sind eine Information auf die Relevanz für das eigene Leben hin einordnen zu können“ – das meint der Medienwissenschaftler Bernhard Pörksen (Uni Tübingen)

Und dazu brauchen wir eine vierte Kulturtechnik: nach Lesen, Schreiben und Rechnen die redaktionelle Kompetenz, um mit Medien richtig umgehen zu können. Es braucht ein Verständnis dafür eine Quelle, den Urheber einer Nachricht zu erkennen.
Es braucht das nötige Wissen, um fest zu stellen, ob eine Information sachlich korrekt, oder doch „Fake“ ist.
Es braucht die Erfahrung, um einschätzen zu können, ob ein Foto oder ein Video original, oder manipuliert geteilt wird.

Es braucht das Wissen die vierte Kraft in unserer Gesellschaft, die Journalistinnen und Journalisten von der inzwischen entstandenen fünften Kraft, den vielen Vernetzten zu unterscheiden.

Welche Themen und Fragestellungen müssen daher in den Schulen (genauso, wie in den Erwachsenenbildungseinrichtungen) des Kosovo integraler Bestandteil des Lehrplans werden?

Wie erkenne ich eine Quelle?

Wird in einem Bericht auch eine Gegenposition beschrieben, oder lediglich eine Meinung als die einzig wahre „verkündet“?

Wer finanziert ein Medium und wie finden sich ggf. dessen Interessen in den Veröffentlichungen wieder?

Nimmt das Medium auf die Würde jener Menschen Rücksicht, über die berichtet wird?

Kommen Menschen über die berichtet wird auch zu Wort?

Sprechen Medien dem „Volk“ nach dem Mund, oder werden Positionen und Sichtweisen vorgestellt, die noch nicht bekannt sind?

Und viele andere mehr...... wie Mobbing, Hate Speech, Fake News, .....

Acht bis zehn Stunden täglich beschäftigt sich die durchschnittliche Europäerin, der durchschnittliche Europäer inzwischen mit Medien aller Art. Für den Umgang damit müssen die Bildungseinrichtungen das entsprechende „Know How“ an die Bürgerinnen und Bürger des Kosovo vermitteln!

Einfach deshalb, damit die höchste Qualität einer Demokratie westlichen Maßstabs garantiert werden kann: die angstfreie Artikulationsmöglichkeit einer Minderheit. Und damit jedes Einzelnen. Denn der Einzelne ist bekanntlich die kleinste und zu schützende Minderheit einer Gesellschaft.

Sport ist nicht immer gesund

In zeitgeschichtlichen Artikeln liest man immer wieder, dass es nicht nur der Staatsvertrag 1955 war, sondern viel mehr die Goldmedaillen von Toni Sailer bei den Olympischen Spielen 1956 von Cortina, die dann auch die österreichische Bevölkerung zur „Nation“ hat werden lassen.

So ähnlich mag es sich mit dem Kosovo, zumindest mit der internationalen Anerkennung als eigenem Staat verhalten.
Inzwischen spielt der Kosovo mit eigenen Teams in zahlreichen internationalen Bewerben, ist Mitglied des IOC, der FIFA oder der UEFA.

Bis heute herrscht aber in ganz Europa Anspannung, wenn eine kosovarische Mannschaft antritt. Einerseits wegen der Sorge, ob sich die Teammitglieder nationalistisch albanisch äußern und andererseits, ob sich Sympathisantinnen der großserbischen Idee mit Drohnen oder anderen „PR Aktivitäten“ zu Wort melden.

Diese aufgeheizte Stimmung bei Sportevents mit kosovarischer Beteiligung geht nicht zuletzt auf zwei Fußballer zurück: auf die für die Schweizer Nationalmannschaft an den Start gegangen Granit Xhaka und Xherdan Shaqiri, die nach Torerfolgen gerne „den Adler gemacht haben“.

Dabei soll Sport doch Völker und Menschen verbinden?!
Und im besten Fall soll Sport Vorbild für Kinder sein, zur Nachahmung und zu mehr Fitness der Bürgerinnen und Bürger führen.

Nationalistische Gesten sind dazu wahrlich wenig angetan.

Es gilt die Fans der kosovarischen Teams darauf zu sensibilisieren, dass ihre sportlichen Repräsentantinnen dem Land damit einen „Bärendienst“ erweisen.

Das gemeinsame Europa spricht miteinander. Sucht nach gemeinsamen Lösungen und nach Kompromissen. Keinesfalls nach noch mehr Ausgrenzung.

Und übrigens: auch das „Denkmal“ Toni Sailer wurde in Österreich inzwischen „gestürzt“.

Er war ein Kind seiner Zeit (was seine offensichtlichen Handlungen gegenüber einer jungen Frau weder verniedlichen noch entschuldigen soll ); aber er steht als „Role Model“ für ein modernes Österreich längst nicht mehr zur Verfügung.

Hoffentlich wird es sich mit den „Adler Machern“ Xhaka und Shaqiri bald ähnlich verhalten. Sie werden mit ihren martialischen Gesten aus der Zeit fallen.

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