27 Prozent der Jungen plagen laut Studie suizidale Gedanken

Zu wenig Hilfsangebote für Jugendliche mit psychischen Problemen im Internet

Rund um das 14. Lebensjahr gibt es den ersten Peak bei psychischen Problemen, bis zum 18. Lebensjahr manifestiert sich die Hälfte aller derartigen Erkrankungen.

Dreieinhalb Stunden täglich hängen Kinder und Jugendliche im Schnitt mit ihren Smartphones im Internet. Geboten wird dort viel, doch eine Unterstützung für mentales Wohlbefinden ist selten dabei.

In einer Studie anlässlich der seit 2023 in Schulen stattfindenden „Mental Health Days“ wurden Schülerinnen und Schüler zum Thema befragt. Mehr als die Hälfte (54 Prozent) gab etwa an, online noch nie ein Hilfsangebot zum Thema Suizid gesehen zu haben. 6697 Fragebögen wurden ausgewertet. Das Durchschnittsalter lag bei 14 Jahren.

74 Prozent sind mit dem Leben grundsätzlich zufrieden

Zwar sagten 74 Prozent, dass sie mit ihrem Leben zufrieden sind, doch 67 Prozent hätten innerhalb der vergangenen zwei Wochen mindestens an einzelnen Tagen Niedergeschlagenheit, Schwermut oder Hoffnungslosigkeit empfunden. 27 Prozent gaben sogar an, dass sie in den 14 Tagen daran gedacht haben, dass sie lieber tot wären oder sich ein Leid zufügen möchten. „Das ist zu viel“, sagte einer der Studienautoren, Tobias Dienlin, vom Institut für Publizistik der Universität Wien. Fast 60 Prozent der Befragten klagten über Konzentrationsschwierigkeiten.

„Gefühle können ganz schön anstrengend sein. Aber Gefühle sind auch etwas ganz Normales, was zum Leben dazu gehört – positive und negative, die steuern ja unser Verhalten“, meinte der zweite Studienautor, Paul Plener, von der MedUni Wien. „Wenn die schlechten Gefühle aber lange andauern und ich eingeschränkt bin in meiner Freiheit, dann sollte ich mir Hilfe suchen.“ Oft gebe es rund um das 14. Lebensjahr einen ersten Peak, was das Auftreten psychischer Erkrankungen betrifft. Laut Plener manifestiert sich bis zum 18. Lebensjahr die Hälfte aller psychischen Erkrankungen, wobei Angst- und depressive Störungen am häufigsten auftreten. Nach Corona habe die Zahl jener, die täglich über Suizid nachdenken, deutlich zugenommen, sagte der Kinder- und Jugendpsychiater.

Die am Montag in Wien präsentierte Studie, die von der Ethikkommission der Universität Wien geprüft und unter Aufsicht durchgeführt wurde, zeigt vor allem, dass das Smartphone einen wichtigen Anteil im Leben der Kinder und Jugendlichen hat. 213 Minuten verbringen Schüler am Handy, 90 Minuten in sozialen Netzwerken, 89 Minuten beim Streaming, 64 Minuten bei Videospielen und 62 Minuten in Messenger-Diensten.

Dabei gaben 37 Prozent an, bereits online Suizidaufrufe gesehen zu haben. Jedoch meinten 54 Prozent, im Internet noch nie Hilfsangebote zum Thema Suizid gesehen zu haben. Niemand würde in die Suizidalität getrieben, wenn er darauf angesprochen werde, betonte Plener. Ganz im Gegenteil, die Menschen sollten mehr dabei unterstützt werden, über Gefühle sprechen zu lernen, sagte Golli Marboe, der Initiator der Studie und der „Mental Health Days“. Bisher wurden mehr als 35.000 Schüler bzw. Lehrlinge damit erreicht.

Marboes Sohn hat sich vor fünf Jahren das Leben genommen. „Seit damals stellen wir uns immer wieder die Fragen, was haben wir übersehen, was hätten wir besser machen können, warum haben wir nicht erkannt, dass er nicht nur schlecht drauf war, sondern eine schwere Krankheit hatte“, sagte Marboe. Für ihn wäre es ein großer Wunsch, wie die jährlich abgehaltenen Sportfeste, einen fixen Tag der psychischen Gesundheit in den österreichischen Schulen zu etablieren.

Sie sind in einer verzweifelten Lebenssituation und brauchen Hilfe? Sprechen Sie mit anderen Menschen darüber. Hilfsangebote für Personen mit Suizidgedanken und deren Angehörige bietet das Suizidpräventionsportal des Gesundheitsministeriums. Unter www.suizid-praevention.gv.at finden sich Kontaktdaten von Hilfseinrichtungen in Österreich.

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Gedanken an Suizid?Zu wenig Hilfe im Netz

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Studie: Jugendliche kennen Hilfsangebote zu Suizid noch zu wenig