Der ORF gehört uns Allen!

Der ORF gehört uns Allen!

Blogeintrag von Golli Marboe, 03. Oktober 2020

Der ORF gehört uns allen.

Er ist ein Stück Österreich.

Eine Medienorgel, die unsere heterogene Gesellschaft abbildet, wie keine andere Einrichtung sonst.

Vom 24 Stunden Qualitätsprogramm Oe1 über die satirische Beschreibung der „Vorstadtweiber“ oder die journalistisch kritische ZIB 2 bis zu den patriotisch verbrämten Schiübertragungen.

Der ORF ist und zeigt wer und was wir sind – aber wie gelangen eigentlich Wünsche und Anliegen der Zuschauerinnen, der Hörer und der User an die

Programmmacherinnen vom Küniglberg?

Damit die gesellschaftliche Vielfalt auch den Wünschen und den Gedanken des Publikums folgt, gibt es ein Gremium, das genau dies überprüfen und im Auge

haben soll: den ORF Publikumsrat.

31 Persönlichkeiten aus der Zivilgesellschaft treffen sich in sieben Ausschüssen und dann auch in öffentlich zugänglichen Plenarsitzungen – um die Qualität des

Programms und etwaige Beschwerden zu besprechen.

In diesen Sitzungen werden dann Empfehlungen an die Geschäftsführung formuliert.

So fordert der Publikumsrat seit Jahren die Wiedereinführung der Mini ZIB, den barrierefreien Zugang für Seh- und Höreingeschränkte Menschen zur ORF Erfolgssendung „Bundesland Heute“ oder die Entwicklung eines Bewegtbild-Medienmagazins für TV und Online.

Von Seiten der Geschäftsführung gibt es dann in der Regel immer die ähnlich lautende Antwort: „Möchten wir gerne, aber das Budget ist beschränkt und wir müssen derzeit einfach andere Prioritäten setzen.“

Und da die Empfehlungen des Publikumsrates laut ORF Gesetz nicht bindend sind, passiert das, was die Geschäftsführung für richtig und wichtig erachtet.

Dementsprechend reduziert sich die tatsächliche Bedeutung dieses Gremiums auf eine einzige Funktion: Die Vertreterinnen des Publikumsrates wählen – ohne sich vorher je persönlich kennen gelernt zu haben und auch ohne Hearing oder nennenswerten Diskurs – sechs Vertreterinnen aus den Reihen der Publikumsräte für den tatsächlich relevanten ORF Stiftungsrat.

Wie geschehen im Jahr 2018 als auf Antrag des Sprechers des ÖVP nahen „Freundeskreises“ drei türkis-affine und drei FPÖ-affine Publikumsräte in den Stiftungsrat gewählt wurden.

So ist die Arbeit der sieben Ausschüsse und der seit damals stattfindenden Plenarsitzungen allenfalls noch als „nice to have“ zu bezeichnen – da es immerhin Begegnungen und Gespräche zwischen ORF Journalistinnen und Publikumsvertreterinnen gibt – aber wirklich effektiver und sinnvoller Output schaut anders aus.

Der ORF Publikumsrat müsste deshalb in einem nächsten ORF Gesetz das Mandat erhalten die jährlichen ORF Sendeschemata (also die Programmabläufe von TV, Radio und Online) genehmigen oder eben auch ablehnen zu dürfen.

Damit würde das Gremium tatsächlich Einfluss auf die Gestaltung der ORF Angebote nehmen können:

dann wäre der Publikumsrat in der Lage zu verhindern, dass für Sportrechte 20 mal so viel Geld ausgegeben wird, wie für das gesamte Kinderprogramm;

dann könnte der Publikumsrat darauf Einfluss nehmen, dass bei Sendeplätzen der Religionsabteilung nicht nur christliche Kirchen zum Zug kommen;

dann könnte der Publikumsrat mithelfen, dass die ausgezeichnet formulierten ORF Programmrichtlinien auch vollumfänglich im ORF Programm umgesetzt werden.

In einem nächsten ORF Gesetz könnte darüber hinaus vorgesehen werden, dass sich auch die Kandidaten für den Publikumsrat im Vorfeld ihrer Bestellung einem Hearing stellen: dann müssten die Vertreterinnen der Zivilgesellschaft erklären, warum sie dieses Ehrenamt anstreben?, oder In welcher Form sie sich in den Diskurs zum Programm des ORF einbringen möchten? und Wieso sie sich in „Freundeskreisen“ organisieren?

Der ORF gehört uns allen.

Er ist ein ganz besonderes Stück Österreich.

Dementsprechend sollte der Publikumsrat doch mehr sein, als eine „Alibi-Einrichtung“.

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