Mit Gefühlen umgehen lernen

Von Barbara Köppel, 01. Dezember 2025, aus FM4

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Letztes Jahr haben wir zur Spendenaktion für die Mental Health Days aufgerufen. Die Initiative organisiert Workshops zu psychischer Gesundheit für Schüler:innen, Pädagog:innen und Eltern. Wir haben uns angesehen, was mit euren Spenden erreicht werden konnte.

In Präventionsarbeit zu investieren, ist immer eine gute Idee. Denn die Kosten für Schäden sind meistens unverhältnismäßig höher. In diesem Sinne hat die FM4 Community voriges Jahr stolze 36.549,11.- Euro gespendet, die zur Gänze an die Tage der psychischen Gesundheit – Mental Health Days gegangen sind. Ein beträchtlicher Beitrag, der hilft, einen gesunden Umgang mit Gefühlen zu fördern.

„Diese Spenden konnten wir verwenden, um noch mehr Mental Health Days zu veranstalten, und zwar an Schulen, wo wir sonst keine Möglichkeit gehabt hätten: Vor allem an sogenannten Brennpunktschulen, an Schulen in ruralen Gebieten und an Schulen, die nicht mehrheitlich muttersprachlich deutsch sind“, erklärt Iris Haschek, die das Projekt leitet.

Sie hat mich zum zweiten Jugendbeirat-Treffen ins Mental Health Days Büro im 9. Bezirk in Wien eingeladen. Von hier aus hat es die Initiative in alle neun Bundesländer geschafft. 244 Schulen und über 166.000 junge Menschen wurden bereits erreicht. Im Rahmen der „mental health days extended“ gibt es erstmals mehrsprachiges Infomaterial und Elternabende auch auf z.B. Arabisch, Türkisch oder Ukrainisch. Das Organisationsteam konnte dank der Spenden auch ausgebaut werden. Der neue technische Support macht sich gerade Kaffee in der Gemeinschaftsküche.

Wir wollen enttabuisieren

Bei den Mental Health Days kommen Psycholog:innen und Psychotherapeut:innen direkt an Schulen und sprechen über Themen wie Mobbing, Körperbilder, Depressionen, Sucht oder Suizidalität.

Die Workshops sind nach Alter gestaffelt und multimedial aufbereitet. Zusätzlich gibt es Angebote für Lehrer:innen und Erziehungsberechtigte, in denen oft Abgrenzung das Thema ist. Das Konzept sieht vor, die Mental Health Days als jährlichen Fixtermin zu etablieren, sodass alle Schüler:innen und Lehrlinge mit allen Modulen in Kontakt kommen - nach dem Motto: Heuer Essstörung, nächstes Jahr Handysucht. Mit diesem langfristigen Fokus sollen die Jugendlichen sensibilisiert und das Reden über Gefühle normalisiert werden.

„Im Wesentlichen wollen wir enttabuisieren“, sagt Iris Haschek. „Es soll mehr über psychische Erkrankungen gesprochen werden. Es sollen auch die Schattenseiten zu Wort kommen dürfen. Es ist einfach nicht immer alles super.“

Hilfe zur Selbsthilfe

Die Mental Health Days verstehen sich als Informationsformat. Sie bieten keine Therapie, sondern Hilfe zur Selbsthilfe. Flyer und Broschüren von Hilfseinrichtungen, Notrufnummern und Jugendzentren liegen bei allen Schulevents auf. Sich in emotionalen Krisen Unterstützung zu holen, soll easy und selbstverständlich sein. Das bestätigen auch die Mitglieder des neuen Mental Health Days Jugendbeirats. Zwölf junge Erwachsene begleiten das Projekt und lassen ihre Ideen einfließen.

„Ich bin selbst in Therapie und empfehle es auch anderen“, erzählt z.B. die 17-Jährige Stefanie, die gerade eine Lehre zur Maschinenbautechnikerin macht. „Das ist nichts Schlimmes und muss einfach normal sein.“ Emma, 20, Studentin in Wien findet, dass Schulen insgesamt mehr Raum für emotionale Bildung schaffen müssten: „Wenn man gelernt hat, mit Gefühlen umzugehen, hat man schon vieles im Leben geschafft“, sagt sie. Und Michael, 19, aus Kärnten meint überhaupt: „Mentale Gesundheit ist das Thema unserer Generation“ - und tatsächlich höre ich an diesem Nachmittag im Mental Health Days Büro Geschichten von Leistungsdruck, Depressionen oder Onlineradikalisierung, und auch Erfahrungen mit Suizidfällen werden angesprochen.

Studie zu Mental Health und Mediennutzung

Suizid ist bei den Unter-25-Jährigen die zweithäufigste Todesursache. Hier auf eine präventive Art auf das Thema aufmerksam zu machen, ist ein besonderes Anliegen der Mental Health Days, und auch ein Aspekt der Studie, die der Verein jährlich durchführt. Im Fokus der Befragung steht, wie sich Social-Media-Konsum und andere Mediennutzung auf die psychische Gesundheit auswirkt.

Die Ergebnisse der letzten Erhebung zeigen, dass die große Mehrheit (73%) der Jugendlichen mit ihrem Leben zufrieden sind. Allerdings seien die Werte leicht am Sinken. 68 Prozent der Befragten berichteten, in den letzten zwei Wochen Hoffnungslosigkeit oder Schwermut empfunden zu haben. 28 % hatten Gedanken an Selbstverletzung oder Suizid.

Schüler:innen und Lehrlinge können im Rahmen der Mental Health Days freiwillig an der Befragung teilnehmen. Auf diese Weise können die anonymisierten Daten über die Jahre verglichen werden. Die neuen Zahlen werden voraussichtlich im Jänner präsentiert.

Das Herzstück der Mental Health Days sind und bleiben aber die Projekttage an den Schulen selbst. Und da ist die Warteliste weiterhin lang, sagt Iris Haschek: „Insgesamt haben wir eine Liste von rund 600 Schulen. Unser großes Ziel ist es, im Jahr 2030 an allen Schulen der Sekundarstufe eins und zwei zu sein. Das ist die Mission und Vision, die wir haben - und wir bauen darauf, dass wir da hinkommen.“

Von Barbara Köppel, 01. Dezember 2025, aus FM4

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Mental Health Days: Wie psychische Gesundheit an Wiener Schulen gestärkt wird