Still und heimlich: Die Suche der RTR-Geschäftsführung

Still und heimlich: Die Suche der RTR-Geschäftsführung

Von Golli Marboe, Erstveröffentlichung: Die Furche am 14. April 2022

Dieser Tage wird von der für Medien verantwortlichen Ministerin Susanne Raab die Geschäftsführung des „Bereichs Medien“ in der Rundfunkregulierungsbehörde RTR neu besetzt. Anders als bei der Bestellung des ORF-Generaldirektors nahezu unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Dabei ist die RTR-Geschäftsführung für die Vielfalt und Ausgewogenheit der österreichischen Medienlandschaft ähnlich relevant wie die Leitung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks.

Denn die RTR vergibt allein im laufenden Kalenderjahr um die 90 Millionen Euro an Projektförderungen aus Mitteln der öffentlichen Hand. Diese Gelder sollen hochwertige Programme mit Public Value unterstützen und ermöglichen.

Fünf verschiedene Fonds fördern TV-Koproduktionen des ORF genauso wie Formate von Sendern à la OE24 bis hin zu jenen der freien Radios. Die Fördervoraussetzungen, um Programme mit Public Value zu ermöglichen, sind allerdings schwammig.

„ Die Rundfunkregulierungsbehörde RTR vergibt allein im

laufenden Kalenderjahr um die 90 Millionen Euro

an Projektförderungen aus Mitteln der öffentlichen Hand. “

Anders als beim ORF, wo Roland Weißmanns Entscheidungen mit Argusaugen beobachtet, kommentiert und von den Aufsichtsgremien kontrolliert werden, kann die Geschäftsführung des RTR die vorhandenen Gelder nahezu ohne Kontrollinstanzen allein vergeben:

  • Wie wäre es sonst möglich, dass Programmvorschläge aus dem Medienhaus der Familie Fellner gefördert werden, das vom Presserat regelmäßig verurteilt wird?

• Wie wäre es sonst möglich, dass ein Telekomkonzern wie A1 eine Förderung für ein TV-Format erhält, bei dem als Programmidee internationale Musikvideos abgespielt werden?

  • Wie wäre es sonst möglich, dass Projekte von Servus TV gefördert werden? Einem Sender, dessen Eigentümer mit Schließung droht, falls dessen Angestellte einen Betriebsrat gründen.

• Wie wäre es sonst möglich, dass – anders als etwa bei der Vergabe der Mittel des Filminstituts – beim Fernsehfonds Austria weder die Gender-Ausgewogenheit der verantwortlichen Kreativen noch das Green Filming zentrale Fördervoraussetzungen darstellen?

Tatsächlich ist es so, dass bei der RTR alles von einer Person entschieden wird. Es gibt zwar Fachbeiräte – aber deren kritische Anmerkungen zur gelebten Vergabepraxis wurden bisher nicht gehört. Da leider nicht zu erwarten ist, dass der Gesetzgeber die Richtlinien überarbeitet und die Vergabekriterien präzisiert, könnte lediglich ein(e) Nachfolger(in) mit Format diese Unsitten beenden.

Wichtig wäre daher, dass man eine Persönlichkeit für diese Geschäftsführung wählt, die zwar den Dialog mit der Politik kennt, aber keiner Fraktion verpflichtet ist; die versteht, dass Medien nicht nur in Zeiten der Digitalisierung in einem ständigen Transformationsprozess stecken – vom Buchdruck bis zu Tiktok. Und schließlich, dass zu fördernde Projekte – unabhängig vom technischen Ausspielkanal – vor allem einmal den Kriterien des Qualitätsjournalismus folgen.

Die Medienpolitik in Österreich braucht eine selbstbewusste und proaktive RTR-Geschäftsführung, um aus ihrer Lethargie, Zögerlichkeit und der Abhängigkeit vom Boulevard herauszufinden.

Der Autor ist Obmann des „Vereins zur Förderung eines selbstbestimmten Umgangs mit Medien“ und Neos-Vertreter im ORF-Publikumsrat.

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